Myopiepraevention
In der Optometrie und Augenheilkunde ist die so genannte "Myopieprogression", also die fortschreitende Kurzsichtigkeit, eines der aktuellen Themen, denn es die weltweit häufigste Fehlsichtigkeit. Laut einiger unabhängiger Studien wird bis zum Jahre 2050 die Hälfte der Weltbevölkerung kurzsichtig sein. Kurzsichtigkeit ist im Zeitalter von vermehrter Naharbeit mittels Smartphones, Tablets und Minicomputer eine Begleiterscheinung unseres Lebens - Tendenz steigend. Heute ist etwa die Hälfte aller jungen Meschen in Europa kurzsichtig, in Asien bereits über 80% - und mit der Zahl der Fälle steigt auch die Ausprägung der Myopie.
Was ist eine Myopie?
Als Kurzsichtigkeit, in der Fachwelt Myopie genannt, bezeichnet man die Fehlsichtigkeit eines Auges, bei welcher der Brennpunkt des Auges vor der Netzhaut liegt und somit ein unscharfes Bild in der Ferne entstehen lässt. In der Regel entsteht die Myopie durch ein zu langes Augenwachstum – woher dieses Längenwachstum kommt, ist bis dato noch nicht gänzlich geklärt; jedenfalls hat es verschiedene Ursachen. Die Wissenschaft zeigt, dass sowohl Vererbung, Grad der Bildung (verstärkte Naharbeit durch Lesen), Lichtexposition, ein sog. „refraktiver Defokus“ in der Netzhautperipherie sowie die Akkommodation (Naheinstellung) des Auges eine Rolle beim Längenwachstum spielen und das Auge veranlassen, kurzsichtig zu werden.
Hohe Risiken für späteres Leben bei Myopie in der Kindheit
Kurzsichtigkeit ist eine an sich nicht gefährlich; über -6.00 dpt spricht man von hoher Myopie – wenn diese bei Kindern unter 12 Jahre auftritt, ist das Risiko einer hohen Myopie im späteren Leben sehr groß. Begleitende Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass Risiken in Zusammenhang mit hoher Myopie nicht vernachlässigt werden sollten, denn mit ihrer Zunahme steigt auch Wahrscheinlichkeit von Folgeerkrankungen wie z.B. . So trägt z. Bsp. ein Mensch mit einer Myopie zwischen -5.00 dpt und -7.00 dpt ein mehr als zwanzigfach erhöhtes Risiko, im Laufe seines Lebens irreversible Schädigungen des Sehvermögens zu erleiden, beispielsweise eine Netzhautablösung, eine reduzierte Sehschärfe oder myopische Makuladegeneration. Daher sollte dieses Risiko der sog. „Myopisierung“ bereits möglichst früh erkannt werden, denn nur so besteht die Möglichkeit, die entstehende Myopie zu verlangsamen oder zu stoppen. Faktoren, die dabei eine signifikante Rolle spielen, sind unter anderem:
- Genetische Veranlagung: sind Eltern oder ältere Geschwister kurzsichtig, besteht ein recht hohes Risiko, dass neugeborene Geschwister die Myopie "erben"; wichtig ist hier zu erwähnen, dass Fehlsichtigkeiten kein „Gendefekt“ wie z.B. Rot-Grün-Blindheit sind. Ebenso ist die Frage nach sekundären Krankheiten, wie Netzhautablösung bei engen Verwandten, nicht unwichtig.
- Ethnische Abstammung: dieser Faktor gilt vor allem für Menschen aus dem asiatischen Raum (vorwiegend Fernost wie Japan, Taiwan, Korea u.a.), wo die Myopie mit teilweise über 80% sehr weit verbreitet ist.
- Soziotop und Lebensbedingungen: Kinder, die bei Tageslicht wenig im Freien sind und/ oder viel Zeit mit Lesen, vor allem auf Smartphones, Tablets oder Notebooks, verbringen, entwickeln in der Regel sehr viel schneller eine Myopie als andere. Inwiefern hier ein massives Stadt-Land-Gefälle auftritt, ist noch nicht abschließend erforscht, wird aber in Fachkreisen vermutet.
Gehört ein Kind zu einer der hier genannten Risikogruppen, sollte es in regelmäßigen Abständen von einem Spezialisten untersucht und geprüft werden, um ein eventuelles Fortschreiten der Myopie feststellen und gegebenenfalls Gegenmaßnahmen einleiten zu können.
Augenärzte wie Augenoptiker können mit den, inzwischen vielfach angewendeten, Möglichkeiten bisher leider keine 100%ige Garantie geben, die Myopieprogression aufzuhalten oder gar umzukehren. Einige Maßnahmen sind dennoch bereits sehr ausgereift und werden überdies ständig auf der Grundlage neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse überarbeitet. Die am weitesten verbreiteten Möglichkeiten sind:
1. Ortho-K-Linsen: Ein sehr wirksamer Weg zur Begrenzung der fortschreitenden Myopie ist die Anpassung so genannter orthokeratologischer Kontaktlinsen (Nachtlinsen). Die Orthokeratologie ist eine weltweit eingesetzte und erfolgreiche Möglichkeit, das Voranschreiten der Myopie zu bremsen. Da sie nicht für alle Korrekturen und Hornhautkonditionen geeignet sind, sind der Anpassungsmöglichkeit sehr enge Grenzen gesetzt.
2. Weiche, multifokale Kontaktlinsen
3. MiYOSMART Hoya, Stellest™ Essilor, MY-Kid (optovision) - die aktuell besten Brillengläser für Myopie-Prävention!
4. Mehrstärkengläser: Bifokale Gläser (im oberen Teil des Glases die Ferne, unten die Nähe) oder sog. Progressiv- bzw. Gleitsichtgläser, bei denen die Übergänge von Ferne zur Nähe nahtlos und unsichtbar verarbeitet sind, zeigen in ihrer Wirkung, dass es durchaus eine Verlangsamung gibt. Zeigen die betroffenen Kinder zudem eine Fixier- und / oder Akkommodations-Problematik, oder sind beide Eltern ebenfalls kurzsichtig, sind diesen Brillengläser ebenfalls eine wirkungsvolle Alternative.
5. Mydriatikum/ Atropin: bereits schon sehr niedrige Dosen dieser Medikamente haben einen positiven Effekt, dennoch ist die Gabe des Mittels aufgrund seiner Toxizität sowie der evtl. „Nebenwirkungen“ nicht gänzlich unumstritten (Lichtempfindlichkeit, Akkommodationsprobleme). Die Verabreichung sog. Mydriatika kann allerdings nur durch einen Augenarzt verordnet werden.
Aufenthalt im Freien bei Tageslicht
Aktivitäten im Freien haben neben vieler weiteren gesundheitlichen Vorteile auch für die Entwicklung des Auges positive Auswirkung, vor allem im Zusammenhang mit der Myopie bei wechselnder Fokussierung der Augen auf verschiedene Distanzen (hier spielt auch die Aufnahme von Vitamin D eine wichtige Rolle). Auch wird unter Tageslicht Dopamin in der Netzhaut freigesetzt, welches das Längenwachstum des Auges steuert: unter viel blauem Licht wird die Netzhaut angeregt, Dopamin strömt ein und erhält die annähernd runde Form des Auges, hingegen nimmt der Dopaminspiegel bei schwachem und eher rotlastigem Licht ab, dadurch kann sich Auge verlängern. Daher sollten sich Kinder täglich mindestens zwei Stunden im Freien aufhalten, denn dadurch ist gewährleistet, dass genügend Dopamin freigesetzt wird.
Reduktion des Nahsehmodus
Tablet, Notebook, und Smartphone sind heute kaum noch weg zu denken und haben unser Leben von grundsätzlich verändert; jedoch kann das ständige Akkommodieren – vor allem bei Kindern – das Längenwachstum des Auges nachhaltig beeinflussen und somit zu fortschreitender Kurzsichtigkeit führen. Aus diesem Grund sollten Kinder frühestens ab dem Vorschulalter diese Geräte benutzen, jedoch auch nicht stundenlang; zusätzlich empfehlen wir, den Abstand von den Augen zum Gerät bzw. auch zu Büchern, Zeitschriften und dergleichen möglichst groß zu halten. Als Richtentfernung hat sich die sog. Harmon-Distanz als praktisch erwiesen (siehe Bild)
Ablauf eines Myopie-Managements bei Kindern und Jugendlichen
Gerne arbeiten wir Hand in Hand mit den behandelnden Augenärzt*innen zusammen, um die beginnende Kurzsichtigkeit ihres Kindes so effektiv wie möglich abzubremsen. Durch die Zusammenarbeit können wir stets die Gesundheit der Augen und den Erfolg der Behandlung kontrollieren. Folgende Messungen und Untersuchungen werden von uns vorgenommen:
- Messung der Korrektur
- Vermessung der Hornhautoberfläche
- Untersuchung des vorderen Augenabschnitts
- Begutachtung der Netzhaut und ggf. Rücksprache mit den Augenärzt*innen